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Energiewende und Raumplanung – wie hängt das zusammen?

Wer in Deutschland ein Windrad oder einen Solarpark bauen will, muss sich durch fünf Planungsebenen navigieren – von der EU bis zur Kommune. Klingt kompliziert? Dieser Artikel führt einmal quer durch das System und zeigt, wo die wichtigsten Entscheidungen für die Energiewende wirklich fallen.

Lisa Baron

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18. Dezember 2025

Die Ebenen der Raumplanung 

Raumordnung ist der Versuch, verschiedene Nutzungs- bzw. Besitzansprüche an eine endliche Fläche in Einklang zu bringen. In Deutschland stehen wir vor der Herausforderung, neben Siedlungen und Industrieflächen, landwirtschaftliche Nutzungsflächen und unter Naturschutz stehende Gebiete auch Platz für erneuerbare Energieerzeugung zu finden. Dies ist bei einem relativ kleinen Land im Vergleich zur Wirtschaftsleistung eine Aufgabe, die durch den Föderalismus zusätzliche Komplexität erhält.

Raumplanung findet in Deutschland auf fünf Ebenen in verschiedener Qualität statt: Die EU hat zwar keine konkrete Planungskompetenz in Deutschland, stellt aber unverbindliche Orientierungsrahmen für die Raumentwicklung. Der Bund gibt über das Raumordnungsgesetz (ROG) eine rechtliche Basis von der die untergeordneten Ebenen ihre Zuständigkeitsbereiche erhalten. Die Länder konkretisieren die Vorgaben vom Bund in Landesentwicklungsplänen. Für Energiewende-Projekte ist die Regionalebene besonders wichtig, diese legt konkrete Vorranggebiete fest. Die Kommunen überführen diese Pläne in eigene Flächennutzungspläne und danach in konkrete Bebauungspläne.

Dieser Artikel führt einmal quer durch die Ebenen der deutschen Raumplanung und erklärt, wo welche Kompetenzen für die Planung von Energiewende-Projekten liegen.

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EU-Ebene – Rahmensetzung und Leitlinien

Das EUREK – Europäische Raumentwicklungskonzept ist zwar rechtlich unverbindlich legt aber über Leitlinien Ideen für die nachhaltige räumliche Entwicklung fest. EU-Förderprogramme oder gemeinschaftliche Initiativen (Transeuropäische Netze (TEN), Territoriale Agenda 2030) haben über Finanzierungen eine direktere Auswirkung auf die Raumplanung der EU-Mitgliedsstaaten. Darüber hinaus bietet die EU mit dem Raumbeobachtungsnetzwerk ESPON eine datengestützte Grundlage für räumliche Analysen und Planungsentscheidungen.

Bundesebene – Verbindliche Ziele und überwindbare Grundsätze

Auf Bundesebene werden die grundlegenden Rahmenbedingungen für die Raumordnung festgelegt. Das Raumordnungsgesetz (ROG) bildet hierfür die rechtliche Grundlage. Es definiert die Leitvorstellungen und Grundsätze der Raumordnung, die für alle nachgeordneten Planungsebenen bindend sind. Die aktuell gültige Fassung stammt vom 28.09.2023 und wird durch das Leitbild der „nachhaltigen Raumentwicklung“ geprägt. Das ROG beinhaltet neben einzuhaltenden, verbindlichen Zielen auch Grundsätze, die nach Abwägungen auch überwindbar sind.

Institutionell ist seit 2021 das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) zuständig.

Länderebene – Konkretisierung und Koordination

Die Bundesländer spielen eine Schlüsselrolle in der Raumordnung. Sie konkretisieren die bundesweiten Vorgaben und passen sie an die regionalen Gegebenheiten an. Das wichtigste Instrument auf dieser Ebene sind die Landesentwicklungspläne oder -programme.

Es gibt keine einheitlichen Namen für die Programme der Bundesländer; in Niedersachsen heißen sie beispielsweise „Landesraumordnungsprogramm“ (LROP). Die Landesregierungen erlassen diese meist als Rechtsvorordnung. Inhaltlich werden neben Konzepten für Ober-, Mittel und Grundzentren auch Raumkategorien, Entwicklungsachsen und Siedlungs- und Freiraumentwicklungen abgehandelt.

Für die Windenergie bedeutet dies, dass die Länder in ihren Raumordnungsplänen Vorrang- und Eignungsgebiete für Windkraftanlagen ausweisen können oder diese Aufgabe an die Regionalplanung delegieren. Sie legen Kriterien fest, nach denen geeignete Flächen identifiziert werden. Dazu gehören zum Beispiel Mindestabstände zu Wohngebieten, Naturschutzaspekte oder die Windhöffigkeit.

Regionalebene – Detaillierte Planung

Auf der regionalen Ebene wird die Planung noch detaillierter. Regionale Planungsverbände oder -gemeinschaften erstellen Regionalpläne, die die Vorgaben des Landes in räumliche Festlegungen konkretisieren. Sie haben dabei die Aufgabe, die verschiedenen Nutzungsansprüche an den Raum gegeneinander abzuwägen.

Die Organisation dieser Ebene ist je nach Bundesland sehr unterschiedlich:  Von regionalen Planungsverbänden in Bayern und Sachsen über Regionalverbände in Baden-Württemberg zu Planungsgemeinschaften Brandenburg und Sachsen-Anhalt. In Niedersachsen sind die Landkreise die Planungsträger, in Schleswig-Holstein übernimmt diese Arbeit das Bundesland selbst.

Für die Windenergie bedeutet dies eine genaue Analyse potenzieller Standorte. Dabei werden nicht nur die Vorgaben des Landes berücksichtigt, sondern auch lokale Besonderheiten wie Landschaftsschutzgebiete, Vogelzugrouten oder bedeutende Kulturlandschaften. Die Regionalplanung hat dabei oft die schwierige Aufgabe, einen Ausgleich zwischen dem Ausbau erneuerbarer Energien und anderen Schutzgütern zu finden.

Konkret werden drei verschiedene Gebietskategorien festgelegt:

  1. Vorranggebiete (Ziele der Raumordnung, sind strikt zu beachten und haben Ausschlusswirkung für andere Nutzungen)
  2. Vorbehaltsgebiete (Grundsätze der Raumordnung, besitzen besonderes Gewicht in Abwägung, sind aber überwindbar)
  3. Eignungsgebiete (Bündelung von Außenbereichsvorhaben, Ausschlusswirkung für restlichen Planungsraum)

Kommunale Ebene – Umsetzung

In Deutschland haben die Kommunen eine kommunale Planungshoheit, die im Grundgesetz verfassungsrechtliche verankert ist. Diese Selbstverwaltungsgarantie ist ein wichtiges Standbein des föderalen Systems.

Bei der konkreten Ausgestaltung dieser Macht sind zwei Planungsinstrumente von Bedeutung:

Der Flächennutzungsplan (F-Plan) hat keine unmittelbare Außenwirkung, legt aber den Rahmen für den folgenden Bebauungsplan fest und bindet die Behörde selbst an die Planung. Er beinhaltet die Bodennutzung des gesamten Gemeindegebietes und wird auch vorbereitender Bauleitplan genannt.

Der Bebauungsplan (B-Plan) ist eine Satzung und ist damit eine verbindliche Rechtsnorm mit unmittelbarer Außenwirkung. Hier steht, welche Bauvorhaben wo zulässig sind, indem er Regelungen zu baulicher Nutzung, Bauweise, Grünflächen und Klimaschutzmaßnahmen beinhaltet.

Der übergeordnete Regionalplan muss bei der Erstellung der Bauleitpläne als Grundlage dienen. Die im Baugesetzbuch vermerkte Anpassungspflicht gilt ohne Anpassungsmöglichkeiten (siehe auch Gegenstromprinzip).

Für Windvorhaben bedeutet das, dass die Gemeinden in Flächennutzungsplänen Konzentrationsflächen und in Bebauungsplänen konkretes Planungsrecht für Windparks ausweisen.

Ganz schön kompliziert?

Das sind viele Ebenen mit unterschiedlichen Kompetenzen, die zudem aufeinander angewiesen sind.  In der Praxis entstehen an diesen Schnittstellen natürlich immer wieder Interessenskonflikte. 

Sie interessiert, was die verschiedenen Planungsorgane wirklich besprechen und welche Themen bei Ihnen zu Hause aktuell wichtig sind? 

Dann schauen Sie sich einfach im Poliscope-Ratsinfoverzeichnis um. 

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